Manchmal braucht es eben etwas länger, wenn es gut werden soll
Im Jahre 1998 wurde der Bebauungsplan Nr. 49 “Fuhrenkamp I” mit einer festgesetzten Verkehrsfläche zum Ausbau des Knotenpunktes erstellt. Hier wurden Abbiegespuren geplant: 105 m lang in Rg. Feuerwehrkreisel und 88 m in Rg. Helvesiek (Vgl. https://geoportal.metropolregion.hamburg.de/mrhportal/index.html)
Im Jahre 2004 verließ man die ursprüngliche Planung der Abbiegespuren. Zur Verhinderung eines Planfeststellungsverfahrens, wurde nun der Bebauungsplan Nr. 59 “Fuhrenkamp II” erstellt und am Knotenpunkt ein Kreisverkehrsplatz vorgesehen. In der Begründung hieß es u.a.: “Um eine sichere Abwicklung (dieser) der Verkehrsmengen im Knotenpunkt zu erreichen, bieten sich zwei Möglichkeiten an: 1. der Knotenpunkt wird durch zusätzliche Abbiegespuren aufgeweitet und (voraussichtlich) mit einer Lichtsignalanlage versehen. 2. der Knotenpunkt wird in Form eines Kreisverkehrsplatzes umgebaut.” (Vgl. Begründung B.-Plan Nr. 59, Fuhrenkamp II, Seite 13).
Obwohl Anlieger schon damals auf die Unsicherheit der Führung der Rad- und Fußgängerquerungen über die L 130 hinwiesen, entschloss man sich für den Bau eines Kreisverkehrsplatzes. (Vgl. Begründung B.-Plan Nr. 59, Seite 15). Für die Umsetzung der Planung wurde allerdings auch der Erwerb von privatem Grund nötig, sowie umfangreiche schalltechnische Schutzmaßnahmen, insbesondere am Grundstück Berliner Str. 10, welches deshalb gleich mit in die festgesetzte Verkehrsfläche einbezogen wurde. Der damalige Eigentümer willigte zu diesen Maßnahmen nicht ein. Die Planung ging nun in eine Ruhephase. Zur sicheren Querung des Rad- und Fugängerverkehrs wurde eine Fußgängerampel installiert.
Im Jahre 2017 setzte man sich wieder zusammen, um über den weiteren Ausbau des Knotenpunktes nachzudenken. Aufgrund der Bürgerproteste seinerzeit und der Ablehnung eines Eigentümers Grundstücksanteile abzugeben oder Lärmschutzmaßnahmen zu akzeptieren war die Idee zur Installierung eines Kreisverkehrsplatzes nun obsolet.
Man erinnerte sich an die damalige Planung mit Abbiegespuren. Eine neue Planung wurde in Auftrag gegeben und der Rat entschied sich gemäß Vorlage des Bauausschusses für eine vollsignalisierte Kreuzung mit Linksabbiegern (Vgl. Beschlussvorlage 196/2017). Der entsprechende Ratsbeschluss dazu fiel am 14.12.2017 mit zwei Gegenstimmen vom Bündnis 90/Die Grünen. Zur Realisierung des Projektes mit 90 m langen Abbiegespuren in beiden Richtungen gehörte auch die Billigung der Abholzung von, wie es zunächst hieß, 43 alten Alleebäumen (hauptsächlich Eichen). Später waren es dann 66 Bäume und im Zusammenhang mit der Fahrradwegverlegung an die 100 Bäume.
Im Jahre 2019 gründete sich unsere BI, die mit vielen Aktionen und Bürgeraufklärung auf die Überdimensionierung des Bauvorhabens hinwies. Die Bürgerproteste richteten sich hauptsächlich gegen die Abholzung des wertvollen und alten Baumbestandes längs der L 130. Gleichzeitig machte sie auf den Bau einer 290 m langen Lärmschutzwand aufmerksam, die an der L 130 das direkt an der Straße gelegene und bereits erschlossene Baugebiet “Helvesieker Landstraße” vor Lärmemissionen schützen sollte. Ein ebenfalls ökologisch und ökonomisch nicht akzeptierbares Bauwerk das eine Verschandelung der Ortseinfahrt darstellen würde (auch dann, wenn die braunen mit Kokosmatten ausgepolsterten und mit Boden oder Schotter gefüllten Wände irgendwann begrünt sein sollten).
Zu einer von unserer BI organisierten Aktion, bei der an den Alleebäumen Schwarze Kreuze angebracht wurden, lud einer unserer Mitglieder den NDR ein. Dieser erschien dann auch und es wurde ein Beitrag über das Vorhaben in Scheeßel im Rahmen der Sendung “Markt” übertragen. Der Tenor des Beitrags war der Vergleich zwischen Abbiegespuren und Kreisel, wobei der Kreisel favorisiert wurde. Zu dieser Zeit war noch keine Alternative bekannt.
Anfang 2021, beflügelt durch den NDR-Beitrag, wandte sich die Gemeinde wieder der Kreisellösung zu. Entscheidend für die Meinungsänderung soll auch eine Mail aus Schleswig-Holstein gewesen sein, in der auf einen Kreisel mit nachgeschalteter Fußgängerampel hingewiesen wurde. (Die gleiche Planung entstand übrigens zur gleichen Zeit in Buchholz/Nordheide).
Das Planungsbüro erstellte eine Vorplanung. Der Kreisel erhielt einen Durchmesser von 37 m (später ging man auf die Mindestgröße lt. RAL von 35 m zurück lt. Aussage der Gemeinde). Auch hier war mit einem Baumverlust von 17 – 27 Eichen zu rechnen. Außerdem war der Ankauf von Privatland nötig. Das an der L 130 gelegene Autohaus erklärte sich dazu bereit. Der Eigentümer Berliner Straße 10 tat sich schwer mit einer Entscheidung, da eine 3,20 m hohe Hecke gefällt werden müsste, die seinerzeit entscheidend für den Kauf des Hauses war und er sich augenblicklich auch in einer schwierigen privaten Phase befand. Das Planungsbüro erstellte nun eine zweite Planung, bei der das Grundstück Berliner Str. 10 nicht mehr betroffen war. Der Planungsentwurf sah allerdings vor, dass nunmehr lt. Zählung auf dem Plan 31 alte Eichen gefällt werden müssten.
Aller guten Dinge sind DREI (Varianten)
Im März 2021 beauftragte die BI ein anderes Planungsbüro um herauszufinden, ob nicht noch eine Alternativlösung mit weniger Kosten, Baumverlusten und Zeitverzögerungen möglich wäre.
Und hieraus ergab sich folgende Lösung: Aufgrund der Richtlinie für integrierte Netzgestaltung (RIN 2008) besteht die Möglichkeit, den betroffenen Straßenabschnitt – da er zwischen zwei bebauten Gebieten liegt – als “anbaufreie Hauptstraße im Vorfeld bebauter Gebiete” zu betrachten. Hieraus ergibt sich, dass außer dem Regelwerk “Richtlinie für die Anlage von Landstraßen RAL” auch das Regelwerk “Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt)”, bei der Planung zu Rate gezogen werden kann. Hier ist die Anordnung von Linksabbiegestreifen wesentlich mehr am verkehrlichen Bedarf orientiert (Vgl. RASt Ziff. 6.3)
Aber auch hier käme man wegen der Verkehrsbelastung der L 130 (unter 10.000 Fahrzeuge täglich *) und der Anzahl der Linksabbieger in den Vareler Weg wohl zumindest aus Rg. Feuerwehrkreisel zu einem Linksabbiegestreifen, dessen Breite Verziehung dann auch in der Gegenrichtung eine Verziehungslänge benötigt, die man dann hier sinnvoller Weise als Linksabbieger in den Fuhrenkamp nutzen könnte (Vergl. RASt Ziffer 6.3, Bild 103). Dies entspräche auch dem Willen der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Verden, die auf Linksabbieger besteht. (* Vgl. ADAC “Der Kreisverkehr Leitfaden für die Praxis” Seite 17. Empfehlung für den Einsatz von Kreisverkehren ab einem Verkehrsaufkommen von 10.000 bis 12.000 Fahrzeuge – https://docplayer.org/40930426-Der-kreisverkehr-ein-adac-leitfaden-fuer-die-praxis.html -)
Die L 130 hat im Bereich der jetzigen Fußgängerampel eine Breite von 7,50 m. Würde man nun die Mindestmaße, aufgrund der Erhaltung von wertvollem Baumbestand zugrunde legen, käme man auf eine recht geringe Aufweitung von ca. 8.75 insgesamt (1,25 m breiter als jetzt). Dies wäre ohne Baumverluste und wesentlich preiswerter möglich. Der Hauptstrom des Verkehrs würde im Fluss bleiben, die Fußgängerampel die Querenden schützen, die Abgas- und Feinstaubbelastung zugunsten der Gesundheit der Anlieger geringer ausfallen lassen, und die einfache und schnelle Realisierung dieses Umbaus, den Verkauf der Grundstücke der Baugebiete “Vor dem Varel III” und “Helvesieker Landstraße” beschleunigen.
Außerdem sieht die RIN bei anbaufreien Hauptverkehrsstraßen im Vorfeld bebauter Gebiete eine anzustrebende Geschwindigkeit von 40 – 60 km/h vor.